Politik an der Genschere

Am 26.10.2020 hat eine Gruppe von Mitgliedern des Deutschen Bundestages den Laborkittel übergestreift und ein Experiment mit CRISPR-Cas durchgeführt. Unter Anleitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Science Bridge (Universität Kassel) und des Gläsernen Labors (Campus Berlin-Buch) erhielten sie aktiv und dialogorientiert tiefere Einblicke in die Möglichkeiten und Grenzen der „neuen Gentechnik“.

Die Genom-Editierung mit CRISPR-Cas hat in letzter Zeit für lebhafte Diskussionen gesorgt und rückte durch die Vergabe des Nobelpreises für Chemie an Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna noch einmal besonders in den öffentlichen Fokus. Um sich über dieses komplexe Thema ein Urteil bilden zu können, muss zunächst einmal verstanden werden, wie CRISPR-Cas funktioniert und in welchen Bereichen diese Methode zum Einsatz kommt bzw. kommen könnte.

„Politikerinnen und Politiker müssen und können vermutlich keine Experten auf diesem Gebiet sein, umso mehr freuen wir uns darüber, wenn sie sich aus erster Hand informieren und mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den direkten Austausch treten möchten“, so Kursleiterin Dr. Heike Ziegler von Science Bridge.

Science Bridge hat dafür ein einfaches Experiment entwickelt, das die Funktionsweise der „Genschere“ CRISPR-Cas anschaulich macht und den Einstieg in eine wissensbasierte Debatte erleichtert. In einem halbtägigen Workshop werden Bakterien „geCRISPRt“. Dabei wird ein Gen, das Bakterien blau färbt, mit CRISPR-Cas „ausgeschaltet“, sodass die Färbung verschwindet. Anschließend wird der Erfolg des Experiments mit molekularbiologischen Methoden überprüft. Dieses Experiment wird auch regulär im Gläsernen Labor als Schülerkurs angeboten.

„Die Teilnahme an diesem CRISPR-Versuch ermöglicht es, allgemeine Einblicke sowohl in die wissenschaftliche Vorgehensweise als auch in die Sicherheitsanforderungen an ein gentechnisches Labor zu erhalten“, so Biologin und Kursleiterin Ulrike Mittmann vom Gläsernen Labor.

Katrin Staffler, CDU/CSU, Biochemikerin und Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB) und dort unter anderem im Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung tätig, hat den CRISPR-Cas-Workshop für Politikerinnen und Politiker angeregt: „Gute politische Entscheidungen brauchen ein breites Hintergrundwissen. Dieser Labortag zielt darauf, ein solches Basiswissen zu vermitteln.“ Für Kees de Vries, CDU/CSU, und als MdB im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft tätig, ist ebenfalls entscheidend, im Labor genauere Kenntnisse zu erlangen: „Ich möchte hier mehr über CRISPR-Cas erfahren, um meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag überzeugen zu können, dass diese neue Technologie ein Gewinn, und keine Gefahr ist.“ MdB Mario Brandenburg, FDP, Wirtschaftsinformatiker und ebenfalls im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, sagte im Anschluss an die Veranstaltung: „Ich fühle mich bestätigt, dass in der Gentechnik viele Chancen liegen, aber die Gesellschaft ein breiteres Wissen darüber benötigt.“

Wissenschaft transparent und für die Allgemeinheit verständlich zu machen – und das auf möglichst vielen Ebenen – ist eines der Hauptanliegen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Gläsernem Labor und Science Bridge. Neben dem beschriebenen Workshop, der Anfang 2021 auch noch einmal in Kassel für hessische Landes- und Regionalpolitikerinnen und -politiker geplant ist, richtet sich das Lehrangebot insbesondere auch an Schülerinnen und Schüler und die allgemeine Öffentlichkeit.

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Beim Workshop zu CRISPR-Cas im Gläsernen Labor auf dem Campus Berlin-Buch: (von links) MdB Kees de Vries, CDU/CSU; Bärbel Riedel (Mitarbeiterin von MdB Katrin Staffler); MdB Katrin Staffler, CDU/CSU; Ulf Lüdecke (Mitarbeiter von MdB Kees de Vries); MdB Mario Brandenburg, FDP; MdB Carina Konrad, FDP, und MdB Ingrid Pahlmann, CDU/CSU. Bildnachweis: Campus Berlin-Buch GmbH

Über das Gläserne Labor

Das Gläserne Labor ist eine außerschulische Bildungseinrichtung auf dem Campus Berlin-Buch, einem international renommierten Wissenschafts- und Biotechnologiepark. Seine fünf Schülerlabore bieten über 20 Experimentierkurse zu den Themen Molekularbiologie, Herz-Kreislauf, Neurobiologie, Chemie, Radioaktivität sowie Ökologie für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe an. Die Kursinhalte sind eng auf die aktuelle Forschung auf dem Campus bezogen, so dass neuestes Wissen vermittelt werden kann.
Mit rund 14.000 kursteilnehmenden Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern pro Jahr zählt das 1999 gegründete Gläserne Labor zu den besucherstärksten Schülerlaboren der Bundesrepublik.
Das Gläserne Labor wird durch die Campuspartner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) sowie die Eckert & Ziegler AG und durch zahlreiche Förderer und Sponsoren unterstützt.
www.glaesernes-labor.de

Über Science Bridge e.V.

Science Bridge ist ein mobiles Schüler- und Öffentlichkeitslabor, das aktuelle molekularbiologische Methoden und Sachverhalte in Schulen bringt und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich macht. Science Bridge versteht sich als Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft und macht Biowissenschaften für jedermann erfahrbar. Das Haupttätigkeitsfeld von Science Bridge ist die Unterstützung von Schulen durch ein Angebot an anspruchsvollen molekularbiologischen Experimenten, die von Science Bridge-Mitarbeitenden im Rahmen ganztägiger Experimentiertage in Klassen der Mittel- und Oberstufe durchgeführt werden. Zusätzlich zu den Schülerkursen bietet Science Bridge akkreditierte Lehrerfortbildungen zu aktuellen molekularbiologischen Themen an und vermittelt interessierten Bürgerinnen und Bürgern bei öffentlichen Veranstaltungen gentechnologische Zusammenhänge.
https://sciencebridge.net

Gemeinsame Pressemitteilung der Campus Berlin-Buch GmbH und Science Bridge e.V. (Universität Kassel)


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